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Die Dame Tartine der Literatur?

„WANDELT WIE KINDER DES LICHTES“
(Epheser V, 8)

Wir Eltern, Lehrer und Erzieher haben den Auftrag, die uns anvertrauten Kinderseelen zu jenem Licht zu führen, das ihr Leben und ihr Glück ausmachen wird. Jede Woche möchten wir Sie mit Zitaten von klugen Menschen und Zeitzeugen bekanntmachen, die unseren eigenen Weg erleuchten können. Sagte nicht der heilige Thomas von Aquin: „Schau nicht auf die Person, die redet, doch vertraue alles Gute, das Du hörst, Deinem Gedächtnis an.“ (aus den 16 Ratschlägen des heiligen Thomas von Aquin, „um den Schatz der Wissenschaft zu erlernen“). Viel Freude beim Lesen!

„Lesen bringt auch, meiner Ansicht nach, das Schreiben bei… Nehmen Sie Schokolade, damit die schlimmsten Gesellschaften Ihnen gütig vorkommen.“

Madame de Sévigné (1626-1696)
Briefschreiberin

„(…)In seiner Histoire de la Littérature française nennt Kléber Haedens sie die Dame Tartine der Literatur. Verdient sie diesen Hohn? (…) Mit achtzehn Monaten verlor sie ihren Vater, der in der Schlacht von Ré heldenhaft gefallen war. Mit sieben Jahren verliert sie ihre Mutter. Mit achtzehn Jahren wird sie mit einem gutaussehenden bretonischen Edelmann verheiratet. Er betrügt sie schamlos. Mit fünfundzwanzig ist sie Witwe mit einer fünfjährigen Tochter und einem dreijährigen Sohn: der leichtlebige Marquis wird in einem Duell um die schönen Augen von Madame de Gondran getötet. Sie ist verrückt nach ihrer Tochter. Sie sagt es, schreit es, singt es (…) Ihre Briefe steigern sie in den Tonfall unserer größten Schriftsteller. Von einem zum anderen wechseln sie den Ton, das Tempo, das Genre, mit einer wahnwitzigen Vielfalt (…). Wie kleine Mädchen, die in ihren Kinderreimen „Am stram gram pique pique et pique et colegram“ auf einem Fuß hüpfen, macht sie sich einen Spaß daraus, ein Wasserfall von Superlativen zu spulen: „Ich werde Ihnen das Erstaunlichste, das Überraschendste, das Wunderbarste, das … das … das …“, dann springt sie auf den anderen Fuß und geht zu einem Rätsel über: „Herr de Lauzun heiratet am Sonntag im Louvre, raten Sie mal, wen? Ich gebe es Ihnen in zehn, ich gebe es Ihnen in hundert… – Es ist Mademoiselle de la Vallière… – Keineswegs, Madame. – Es ist also Mademoiselle de Retz? – Keineswegs, Sie sind so sehr aus der Provinz…“. Sie macht die Fragen und Antworten, als würde man mit einer Puppe spielen. Ihre Stimme zieht sich mit Mienen und Gesten..: „… Er heiratet am Sonntag im Louvre mit Erlaubnis des Königs Mademoiselle, Mademoiselle de… Mademoiselle… Mademoiselle… raten Sie den Namen: Er heiratet Mademoiselle, meine Güte! meine Güte! ach du meine Güte! Mademoiselle, la Grande Mademoiselle…“ (…) Mit Worten wie aus der Pistole geschossen, mit Einfällen, stilistischen Verzückungen, Skurrilitäten und Geistesblitzen, die einen in die Knie zwingen. Madame de Sévigné, die Dame Tartine der Literatur? Vielleicht, aber nur, wenn das Brot mit Genie bestrichen ist! (…)“

Paul Guth (1910-1997)
Schriftsteller und Essayist


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