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Die liebe Großmama!

„WANDELT WIE KINDER DES LICHTES“
(Epheser V, 8)

Wir Eltern, Lehrer und Erzieher haben den Auftrag, die uns anvertrauten Kinderseelen zu jenem Licht zu führen, das ihr Leben und ihr Glück ausmachen wird. Jede Woche möchten wir Sie mit Zitaten von klugen Menschen und Zeitzeugen bekanntmachen, die unseren eigenen Weg erleuchten können. Sagte nicht der heilige Thomas von Aquin: „Schau nicht auf die Person, die redet, doch vertraue alles Gute, das Du hörst, Deinem Gedächtnis an.“ (aus den 16 Ratschlägen des heiligen Thomas von Aquin, „um den Schatz der Wissenschaft zu erlernen“). Viel Freude beim Lesen!

Die liebe Großmama! Ihr gesamtes Leben spielte sich im Hause ab, sie aß dort ihr tägliches Brot weiß Gott nicht in Müßigkeit! Sie zog zehn Kinder groß, von denen sieben nicht ihre eigenen waren, und sie hatte sich, aufgrund ihrer Arbeit , einen ehrenhaften Ruhestand im Alter verdient. Als ich sie kennenlernte, schien ihr aktives Leben beendet. Sie hatte sich aufs Land zurückgezogen, nahe ihrem geliebten Grabe. Wir besuchten sie jedes Jahr in den Ferien, und ich erinnere mich noch an unsere Freudenschreie, wenn die alte Kutsche vor ihrem Haus hielt. Sie erwartete uns auf dem blumengeschmückten Vorplatz, mit feuchten Augen und offenen Armen. Wir hatten sie kaum begrüßt, so liefen wir schon in unsere von Blumen überfüllten Zimmer mit reinweißen Vorhängen, in den Garten, auf die Wiese. Danach liefen wir zurück zu unserer lieben Großmama, küssten sie tausendmal und dann war es, während zwei Monate Ferien, ein einziges Fest mit Ausflügen, Toben und Kinderspäßen.”

Julie LAVERGNE (1823-1886)
Schriftstellerin

Wir waren die Fröhlichkeit im Hause, Großmama aber war seine Seele. Sie verließ es nur, um zur Messe zu gehen. Gleich am frühen Morgen drehte sie ihre Runden durch Haus und Garten und verteilte Aufgaben, Lob und Mahnung, je nach Notwendigkeit. Nichts entging ihrer Achtsamkeit. Mensch und Tier schienen glücklich über diese allmorgendliche Inspektion. Die Tauben flogen ihr entgegen, die Jagdhunde hüpften vor Freude, wenn sie sie sahen, der gute alte Gaul zog an seinem Halfter, um sich seiner Herrin zu nähern, und wenn ein paar marodierende Hühner sie entdeckten, beeilten sie sich, in den Stall zurückzulaufen, als hätten sie ein schlechtes Gewissen. Auf ihrem Weg sammelte Großmama grundsätzlich jede Feder, die ein Huhn oder ein Vogel verloren hatte und bewahrte sie sorgsam im Backhaus auf, wo in alle Federn der gerupften Hühner einer großen Tonne gesammelt wurden. Jedes Jahr schöpfte man daraus, um für arme Kinder schöne kleine Kissen zu füllen, und diese Gaben gesellten sich zu den zahlreichen Kleidungsstücken, die Großmama für die Armen nähte. Sie verteilte viel, unter der ausdrücklichen Bedingung, keinesfalls ein Dankschön dafür zu erhalten.”

Julie LAVERGNE (1823-1886)
Schriftstellerin


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