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Ein Lied wird aufsteigen

„WANDELT WIE KINDER DES LICHTES“
(Epheser V, 8)

Wir Eltern, Lehrer und Erzieher haben den Auftrag, die uns anvertrauten Kinderseelen zu jenem Licht zu führen, das ihr Leben und ihr Glück ausmachen wird. Jede Woche möchten wir Sie mit Zitaten von klugen Menschen und Zeitzeugen bekanntmachen, die unseren eigenen Weg erleuchten können. Sagte nicht der heilige Thomas von Aquin: „Schau nicht auf die Person, die redet, doch vertraue alles Gute, das Du hörst, Deinem Gedächtnis an.“ (aus den 16 Ratschlägen des heiligen Thomas von Aquin, „um den Schatz der Wissenschaft zu erlernen“). Viel Freude beim Lesen!

Zum gesunden Menschenverstand gelangt man durch Misserfolge und dadurch, dass man ab und zu auf die Nase fällt.”

Pater Jean de MENASCE (1902-1973)
Dominikaner

Sonntag, ein wahrhaftiger Sonntag in der Gemeinde. Der Himmel ist lichtvoll, die Erde ausgeruht, die Häuser sind sauber; die zu kleine Kirche ist weiß von stillen unbeweglichen Häubchen, aus denen die Männer wie schwarze Tupfen im Quer- und Seitenschiff herausragen. Im Einklang stimmen die Männer den liturgischen Gesang an; im Einklang, erst ein wenig zögernd, dann sicher, antworten die Frauen. Die ganze Gemeinde eint sich in diesem jahrhunderte alten Dialog, sicher und treu. Die Messe geht zu Ende, und die Männer begeben sich auf ihren langen Beinen, den großen Hut mit Samtbändern in der Hand, nach draußen ans Licht der Mittagssonne und schütteln sich die Hände. Solange sich auch nur ein Mann noch in der Kirche befindet, bleiben alle Frauen unbeweglich in den Bänken, nicht eine hat den Kopf erhoben. Alle sitzen und verrichten ihr stilles Gebet; sobald aber sie an der Reihe sind, erheben sie sich gemeinsam und gehen zu den Gräbern, die auf den sonntäglichen Besuch warten. Denn der Sonntag ist auch für die Verstorbenen da. Die Blicke verharren lange bei den inneren Bildern, die diese Namen in ihnen erwecken… Und das wollen sie sagen, wenn sie dann einmal – nach auch noch so tragischen Ereignissen – die befremdenden Wörter aussprechen, die nur sie selbst verstehen können: „Die gute alte Zeit!“ Am Nachmittag zur Vesper werden die Männer nicht so zahlreich sein, aber die Frauen werden alle da sein. Sie scheinen sich sogar noch heimischer zu fühlen als am Morgen. Sie sind allein, fast zumindest, und singen die schwierigen Psalmen, die der Priester und die Kleriker mit den Antiphonen beantworten; und ihre hohen, ein wenig trockenen Stimmen nehmen nach jedem Vers die Melodie auf, die sich durch die Pausen spannt und in das Finale hineinbricht. Welch ruhige Zuversicht! Wie mit Kinderstimme singen sie die Prophezeiungen, ewig gültig wie die Wahrheit, und der große In exitu Israël de Aegypto bildet auf ihren Lippen eine triumphierende Ironie. Man muss diese Bretonen die überwältigenden, jahrhunderte alten Worte singen hören, um zu verstehen, was der Glaube ist: sie wissen es, sie leuchten, sie jubilieren, sie benedeien (…). Man hört den heiteren Dialog sich fortspinnen auf dem Gesang unserer Kindheit (…). Nach dem Magnificat funkelt der Weihrauchkessel und die Frauen knien nieder. Mit dem Inviolata bricht die jungfräuliche und mütterliche Schönheit hervor. Dann kehrt das Gebet zurück zur Erde, spricht den Namen des Papstes aus, und plötzlich weitet sich diese kleine, ländliche Kapelle aus auf die weltumfassende Dimension der Katholizität. Stellen Sie sich vor, welch Vornehmheit diese mittelmäßigen, kurzen, arbeitsamen Leben an diesem sonntäglichen Nachmittag annehmen! Die Vorstellungskraft, das Herz, der Geist, schauen Sie, wie diese Stunde sie erhöht und ihnen Größe schenkt! Die ganze Woche über werden sie den Besen in die Hand nehmen, Wäsche machen, Kochen und die Kinder waschen, Strümpfe stopfen, Hühner und Schweine füttern; aber heute atmet ihre menschliche – ihre heilige Seele. So werden sie weiterfahren, alternd, weinend in Trauer und Schmerz. Und dann eines Tages werden sie verharren, um einzuziehendem unter dem Triumphbogen, den die Lebenden überall erbaut haben, um die Toten in die Kirche zu führen, und dann auf dem Friedhof zu schlafen. Aber dieser ist so nahe bei der Kirche, dass sie weiterhin jeden Sonntag die Vesper hören werden, bis zum Tage der ewigen Vergeltung…”

Pater Paul DONCŒUR (1880-1961)
Jesuit, Militärpriester, Schriftsteller


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