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Nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da

„WANDELT WIE KINDER DES LICHTES“
(Epheser V, 8)

Wir Eltern, Lehrer und Erzieher haben den Auftrag, die uns anvertrauten Kinderseelen zu jenem Licht zu führen, das ihr Leben und ihr Glück ausmachen wird. Jede Woche möchten wir Sie mit Zitaten von klugen Menschen und Zeitzeugen bekanntmachen, die unseren eigenen Weg erleuchten können. Sagte nicht der heilige Thomas von Aquin: „Schau nicht auf die Person, die redet, doch vertraue alles Gute, das Du hörst, Deinem Gedächtnis an.“ (aus den 16 Ratschlägen des heiligen Thomas von Aquin, „um den Schatz der Wissenschaft zu erlernen“). Viel Freude beim Lesen!

KREON.
– Du sage kurz und bündig, frei heraus: War das Verbot des Herolds dir bekannt?
ANTIGONE.
– Nur zu bekannt! Er schrie ja laut genug!
KREON.
– Und dennoch hast du frech dich widersetzt?
ANTIGONE.
– Nicht Zeus hat dies Verbot erlassen noch hat Dike, die mit Totengöttern thront, uns Menschen solche Satzung auferlegt, noch maß ich deinen Sprüchen so viel bei, dass ungeschrieb‘nes ehernes Gesetz der Götter vor den Menschen weichen soll. Denn dies ist nicht von heut und gestern: nein, von Ewigkeit, den Ursprung kennt kein Mensch. In diesem Recht durft‘ ich aus Menschenfurcht den Göttern nie ein Schuldner werden. Dass ich sterben muss, wie hätt ich‘s nicht gewusst auch ohne deine Drohung? Wenn ich vor der Zeit dahin geh, ist es nur Gewinn: Wem so wie mir das Leben Leiden häuft, dem kann der Tod nur noch ein Segen sein. So ist dies Schicksal nicht mein größter Schmerz. Doch hätt ich meines eignen Bruders Leib ganz unbestattet liegen lassen: das wär bitt‘res Leid; das andre zähl ich nicht. Wenn ich für dich nur eine Törin bin – vielleicht zeiht mich der Torheit nur ein Tor.

Sophokles (495 – 406 v. Chr.)
Dramatiker

„ANTIGONE. – O Grab! Mein Brautgemach! Du Felsenhaus und ew‘ger Kerker! Du bist nun mein Ziel und all die Meinen, vieler Toten Zahl, die Persephassa aufnahm in ihr Reich. Ich zieh als Letzte, Allerschlechteste hinab, noch ehe sich mein Tag geneigt. Doch tröstet Hoffnung mich auf meinem Weg: Ich komme lieb dem Vater, lieb auch dir, o Mutter, lieb dem brüderlichen Haupt. Mit diesen Händen wusch ich euren Leib, ich salbte ihn und goss die Spenden aus auf eurem Grab. Und das ist nun mein Lohn, o Polyneikes, dass ich dich begrub. Doch Einsicht weiß, wie sehr ich recht getan. Denn nie hätt ich als Mutter für den Sohn, als Gattin für den toten Ehegemahl dem Staate trotzend solches Werk erlost. Und welche Satzung hat dies auferlegt? Für toten Gatten findet man Ersatz, ein neuer Gatte zeugt ein neues Kind, doch da der Tod mir beide Eltern nahm, wie sprosste mir ein neuer Bruder auf? Nach solcher Satzung traf ich meine Wahl, beschloss Verrat an Kreons Machtgebot und schwerste Tat, mein brüderliches Haupt. Nun aber fasst mich seine Hand und reißt vom Brautbett mich, vom Festlied, eh ich noch der Ehe Ziel gewann und Kinder sah; So ganz verlassen zieh ich Unglücksweib lebendig in der Toten Felsengruft. Und welches Götterrecht hab ich verletzt? Was blick ich Ärmste noch zu Göttern auf? Wen ruf ich noch zu Hilfe, wo mich doch für frommes Tun unfromme Schande trifft? Wenn bei den Göttern dies zurecht besteht, belehre Leid mich über meine Schuld; sind andre schuldig – soll kein schlimm‘res Leid sie treffen als sie grausam mir verhängt. „Nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da.

Sophokles (495 – 406 v. Chr.)
Dramatiker


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